Tanja Hiller

Kleinunternehmerregelung 2025: Pflichten und Stolperfallen erklärt – Teil 3/4

Kleinunternehmerregelung

Im ersten und zweiten Teil meiner Serie hast du erfahren, wie die Kleinunternehmerregelung 2025 funktioniert und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt.
Heute geht es um das, was viele unterschätzen: Pflichten, Kontrollmechanismen und teure Stolperfallen, die du unbedingt vermeiden solltest.

1. Die neuen Umsatzgrenzen 2025 verstehen und überwachen

Ab 2025 gelten neue Regeln:

  • Vorjahr bzw. Gründungsjahr: max. 25.000 Euro Nettoumsatz (unabhängig vom Startmonat bei Gründung)

  • Laufendes Jahr: max. 100.000 Euro Nettoumsatz

Der entscheidende Unterschied: Die 100.000-Euro-Grenze (im Gründungsjahr die 25.000-Euro-Grenze) ist eine harte Grenze. Schon ein Cent darüber führt zur sofortigen Regelbesteuerung – nicht erst am Jahresende.
Ab diesem Zeitpunkt musst du Umsatzsteuer auf alle weiteren Rechnungen ausweisen und Voranmeldungen abgeben.

Praxisbeispiel:
Du hast bis November 95.000 Euro Umsatz erzielt. Ein Auftrag über 10.000 Euro bringt dich auf 105.000 Euro – diese 10.000 Euro musst du bereits mit 19 % Umsatzsteuer abrechnen.

Umsatzgrenzen richtig berechnen

Für die Grenzprüfung zählen alle unternehmerischen Umsätze – auch aus mehreren Tätigkeiten oder Betrieben.
Nicht mitzuzählen sind:

  • Verkäufe von Anlagevermögen

  • steuerfreie Umsätze nach § 4 UStG (z. B. Vermietung, Heilbehandlungen)

  • Entnahmen für private Zwecke

Betreibst du z. B. ein Einzelunternehmen (20.000 Euro) und eine GbR (15.000 Euro), musst du 35.000 Euro zusammenrechnen.


2. Monitoring-System für deine Umsätze

Damit du nicht überrascht wirst, solltest du deine Umsätze monatlich kontrollieren:

  • Warnung bei 80 % (= 80.000 Euro) der Jahresgrenze einrichten

  • Ab 90.000 Euro neue Aufträge genau kalkulieren und Wechsel vorbereiten

  • Empfehlung: Nutze ein Buchhaltungstool mit automatischer Umsatzübersicht (z. B. Lexware Office, sevDesk, o.a.)

  • Excel ist möglich, aber fehleranfällig – nur als Übergangslösung

 

3. Buchführungspflichten für Kleinunternehmerinnen

Die Kleinunternehmerregelung befreit dich nicht von der Buchführung.
Entscheidend sind die handels- und steuerrechtlichen Schwellen:

  • Gewerbetreibende: EÜR (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) bis 800.000 Euro Umsatz oder 80.000 Euro Gewinn

  • Freiberuflerinnen: dürfen immer die EÜR nutzen, unabhängig vom Umsatz

Vorteile der EÜR (Einnahmen-Überschuss-Rechnung):

  • keine doppelte Buchführung mit Bilanz

  • einfache Einnahmen-/Ausgaben-Gegenüberstellung

  • weniger komplexe Buchungsregeln

  • Zufluss-/Abflussprinzip

GoBD- und E-Rechnungspflichten

Auch Kleinunternehmerinnen müssen die GoBD (= Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) einhalten:

  • Belegprinzip: jeder Vorgang braucht einen Beleg

  • Nachvollziehbarkeit & Unveränderbarkeit der Buchungen

  • Verfahrensdokumentation bei elektronischer Buchführung erforderlich

Ab 2025 gilt eine E-Rechnungspflicht für empfangene Rechnungen. Du musst E-Rechnungen im XML-Format annehmen können (z. B. per E-Mail).

Neue Aufbewahrungsfristen ab 2025

  • Rechnungen, Buchungsbelege, Kontoauszüge: 8 Jahre

  • Bilanzen & Inventare: 10 Jahre

  • Geschäftsbriefe u. Ä.: 6 Jahre

Tipp: Digitalisiere Belege sofort. Thermobons verblassen schnell – scanne oder fotografiere sie mit einer App.

 

4. Rechnungsstellung ohne Umsatzsteuer

Auch ohne Umsatzsteuer gelten strenge Formvorschriften (§ 14 UStG).

Pflichtangaben:

  1. Vollständiger Name und Adresse (beider Parteien)

  2. Steuernummer oder USt-ID

  3. Rechnungsdatum

  4. Fortlaufende Rechnungsnummer

  5. Art und Menge der Leistung/Ware

  6. Leistungsdatum oder -zeitraum (oder „entspricht Rechnungsdatum“)

  7. Gesamtbetrag ohne USt

  8. Hinweis auf § 19 UStG

Formulierungsbeispiele:

  • „Gemäß § 19 UStG wird keine Umsatzsteuer berechnet.“

  • „Kein Ausweis von Umsatzsteuer nach § 19 UStG.“

 

5. Die 5 teuersten Stolperfallen

1. Unberechtigter Umsatzsteuerausweis
Wenn du versehentlich USt angibst (z. B. durch „inkl. MwSt.“-Vorlagen), schuldest du sie dem Finanzamt (§ 14c UStG).
Beispiel: 20.000 Euro Rechnung inkl. USt = 3.193,28 Euro Nachzahlung.

2. Überschreitung der 100.000-Euro-Grenze
Das Finanzamt meldet sich nicht automatisch – erkennst du die Überschreitung zu spät, musst du rückwirkend alle Rechnungen korrigieren und die USt selbst zahlen.

3. Reverse-Charge übersehen
Auch als Kleinunternehmerin musst du USt auf Leistungen aus dem Ausland abführen (z. B. Software, Online-Ads) – ohne Vorsteuerabzug.
Beispiel: Abo für 1.000 Euro → 190 Euro USt ans Finanzamt.

4. Mehrere Unternehmen nicht zusammengerechnet
Alle Umsätze werden summiert – auch aus verschiedenen Tätigkeiten oder Gesellschaften.

5. Fehlender § 19 UStG-Hinweis
Ohne Hinweis auf Rechnungen riskierst du Zahlungsverweigerungen und Probleme bei Prüfungen.

 

Fazit & nächste Schritte

  • Prüfe regelmäßig deinen Umsatz

  • Aktualisiere deine Rechnungsvorlagen mit § 19 UStG-Hinweis

  • Richte ein Monitoring-System ein – am besten digital

Die Regelung bringt dir mehr Freiheiten, aber auch mehr Verantwortung. Mit sauberer Buchführung, klaren Prozessen und einem verlässlichen System vermeidest du teure Überraschungen.

 

Ausblick

In Teil 4 zeige ich dir die Wechselmöglichkeiten, Bindungsfristen und Zukunftsperspektiven der Kleinunternehmerregelung.

Hinweis

Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Die Tipps in diesem Artikel geben dir einen Überblick, können aber eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Wenn du wissen möchtest, welche Lösung in deiner Situation am besten passt, lass dich persönlich beraten.