Im ersten und zweiten Teil meiner Serie hast du erfahren, wie die Kleinunternehmerregelung 2025 funktioniert und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt.
Heute geht es um das, was viele unterschätzen: Pflichten, Kontrollmechanismen und teure Stolperfallen, die du unbedingt vermeiden solltest.
1. Die neuen Umsatzgrenzen 2025 verstehen und überwachen
Ab 2025 gelten neue Regeln:
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Vorjahr bzw. Gründungsjahr: max. 25.000 Euro Nettoumsatz (unabhängig vom Startmonat bei Gründung)
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Laufendes Jahr: max. 100.000 Euro Nettoumsatz
Der entscheidende Unterschied: Die 100.000-Euro-Grenze (im Gründungsjahr die 25.000-Euro-Grenze) ist eine harte Grenze. Schon ein Cent darüber führt zur sofortigen Regelbesteuerung – nicht erst am Jahresende.
Ab diesem Zeitpunkt musst du Umsatzsteuer auf alle weiteren Rechnungen ausweisen und Voranmeldungen abgeben.
Praxisbeispiel:
Du hast bis November 95.000 Euro Umsatz erzielt. Ein Auftrag über 10.000 Euro bringt dich auf 105.000 Euro – diese 10.000 Euro musst du bereits mit 19 % Umsatzsteuer abrechnen.
Umsatzgrenzen richtig berechnen
Für die Grenzprüfung zählen alle unternehmerischen Umsätze – auch aus mehreren Tätigkeiten oder Betrieben.
Nicht mitzuzählen sind:
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Verkäufe von Anlagevermögen
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steuerfreie Umsätze nach § 4 UStG (z. B. Vermietung, Heilbehandlungen)
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Entnahmen für private Zwecke
Betreibst du z. B. ein Einzelunternehmen (20.000 Euro) und eine GbR (15.000 Euro), musst du 35.000 Euro zusammenrechnen.
2. Monitoring-System für deine Umsätze
Damit du nicht überrascht wirst, solltest du deine Umsätze monatlich kontrollieren:
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Warnung bei 80 % (= 80.000 Euro) der Jahresgrenze einrichten
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Ab 90.000 Euro neue Aufträge genau kalkulieren und Wechsel vorbereiten
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Empfehlung: Nutze ein Buchhaltungstool mit automatischer Umsatzübersicht (z. B. Lexware Office, sevDesk, o.a.)
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Excel ist möglich, aber fehleranfällig – nur als Übergangslösung
3. Buchführungspflichten für Kleinunternehmerinnen
Die Kleinunternehmerregelung befreit dich nicht von der Buchführung.
Entscheidend sind die handels- und steuerrechtlichen Schwellen:
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Gewerbetreibende: EÜR (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) bis 800.000 Euro Umsatz oder 80.000 Euro Gewinn
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Freiberuflerinnen: dürfen immer die EÜR nutzen, unabhängig vom Umsatz
Vorteile der EÜR (Einnahmen-Überschuss-Rechnung):
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keine doppelte Buchführung mit Bilanz
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einfache Einnahmen-/Ausgaben-Gegenüberstellung
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weniger komplexe Buchungsregeln
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Zufluss-/Abflussprinzip
GoBD- und E-Rechnungspflichten
Auch Kleinunternehmerinnen müssen die GoBD (= Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) einhalten:
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Belegprinzip: jeder Vorgang braucht einen Beleg
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Nachvollziehbarkeit & Unveränderbarkeit der Buchungen
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Verfahrensdokumentation bei elektronischer Buchführung erforderlich
Ab 2025 gilt eine E-Rechnungspflicht für empfangene Rechnungen. Du musst E-Rechnungen im XML-Format annehmen können (z. B. per E-Mail).
Neue Aufbewahrungsfristen ab 2025
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Rechnungen, Buchungsbelege, Kontoauszüge: 8 Jahre
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Bilanzen & Inventare: 10 Jahre
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Geschäftsbriefe u. Ä.: 6 Jahre
Tipp: Digitalisiere Belege sofort. Thermobons verblassen schnell – scanne oder fotografiere sie mit einer App.
4. Rechnungsstellung ohne Umsatzsteuer
Auch ohne Umsatzsteuer gelten strenge Formvorschriften (§ 14 UStG).
Pflichtangaben:
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Vollständiger Name und Adresse (beider Parteien)
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Steuernummer oder USt-ID
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Rechnungsdatum
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Fortlaufende Rechnungsnummer
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Art und Menge der Leistung/Ware
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Leistungsdatum oder -zeitraum (oder „entspricht Rechnungsdatum“)
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Gesamtbetrag ohne USt
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Hinweis auf § 19 UStG
Formulierungsbeispiele:
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„Gemäß § 19 UStG wird keine Umsatzsteuer berechnet.“
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„Kein Ausweis von Umsatzsteuer nach § 19 UStG.“
5. Die 5 teuersten Stolperfallen
1. Unberechtigter Umsatzsteuerausweis
Wenn du versehentlich USt angibst (z. B. durch „inkl. MwSt.“-Vorlagen), schuldest du sie dem Finanzamt (§ 14c UStG).
Beispiel: 20.000 Euro Rechnung inkl. USt = 3.193,28 Euro Nachzahlung.
2. Überschreitung der 100.000-Euro-Grenze
Das Finanzamt meldet sich nicht automatisch – erkennst du die Überschreitung zu spät, musst du rückwirkend alle Rechnungen korrigieren und die USt selbst zahlen.
3. Reverse-Charge übersehen
Auch als Kleinunternehmerin musst du USt auf Leistungen aus dem Ausland abführen (z. B. Software, Online-Ads) – ohne Vorsteuerabzug.
Beispiel: Abo für 1.000 Euro → 190 Euro USt ans Finanzamt.
4. Mehrere Unternehmen nicht zusammengerechnet
Alle Umsätze werden summiert – auch aus verschiedenen Tätigkeiten oder Gesellschaften.
5. Fehlender § 19 UStG-Hinweis
Ohne Hinweis auf Rechnungen riskierst du Zahlungsverweigerungen und Probleme bei Prüfungen.
Fazit & nächste Schritte
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Prüfe regelmäßig deinen Umsatz
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Aktualisiere deine Rechnungsvorlagen mit § 19 UStG-Hinweis
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Richte ein Monitoring-System ein – am besten digital
Die Regelung bringt dir mehr Freiheiten, aber auch mehr Verantwortung. Mit sauberer Buchführung, klaren Prozessen und einem verlässlichen System vermeidest du teure Überraschungen.
Ausblick
In Teil 4 zeige ich dir die Wechselmöglichkeiten, Bindungsfristen und Zukunftsperspektiven der Kleinunternehmerregelung.
