Dies ist der erste Teil meiner vierteiligen Serie zur Kleinunternehmerregelung. Im zweiten Teil zeige ich dir, wann sich die Regelung lohnt – und wann du besser darauf verzichtest.
Die Reform 2025 im Überblick
Die Kleinunternehmerregelung bringt ab dem 1. Januar 2025 die umfassendste Reform seit Jahren:
- Vorjahresgrenze: statt 22.000 Euro brutto jetzt 25.000 Euro netto.
- Grenze im laufenden Jahr: statt 50.000 Euro jetzt 100.000 Euro netto.
- Neu: es kommt nicht mehr auf eine Schätzung an – entscheidend ist allein, ob und wann du die Grenze tatsächlich überschreitest.
- EU-weite Anwendung: durch § 19a UStG erstmals unionsrechtlich harmonisiert.
Klingt nach Entlastung, kann aber bei Unwissenheit zu teuren Überraschungen führen.
Was ist die Kleinunternehmerregelung – und ist sie eine Rechtsform?
Ein häufiger Irrtum: Die Kleinunternehmerregelung ist keine Rechtsform. Sie ist eine steuerliche Regelung nach § 19 UStG, die dir umsatzsteuerliche Vereinfachungen verschafft.
Das heißt: egal ob du als Einzelunternehmerin, Freiberuflerin, GbR oder sogar GmbH tätig bist – entscheidend ist nur dein Umsatz, nicht die Rechtsform.
Kleingewerbe vs. Kleinunternehmerregelung
Zwei Begriffe, die oft durcheinandergeworfen werden:
- Kleingewerbe: gewerberechtlicher Begriff. Ein Kleingewerbe liegt vor, wenn kein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist. Ab ca. 800.000 Euro Umsatz oder 80.000 Euro Gewinn pro Jahr bist du definitiv kein Kleingewerbe mehr.
- Kleinunternehmerregelung: rein steuerliche Regelung im Umsatzsteuerrecht. Sie entscheidet, ob du Umsatzsteuer ausweist oder nicht.
Wichtig: eine Kleinunternehmerin ist nicht automatisch ein Kleingewerbe – und umgekehrt.
Umsatzgrenzen ab 2025
- Gründungsjahr: bis zu 25.000 Euro Umsatz.
- Laufendes Jahr: bis zu 100.000 Euro Umsatz.
Neu ist, dass nur noch der tatsächliche Umsatz zählt. Früher wurde so gerechnet, als sei Umsatzsteuer enthalten – auch wenn Kleinunternehmerinnen diese gar nicht berechnen.
Beispiel: nach alter Regel lag die Grenze bei 22.000 Euro (brutto gerechnet). Jetzt sind es 25.000 Euro Umsatz. Das entspricht rund 29.750 Euro, wenn Umsatzsteuer enthalten wäre.
Muss ich im Gründungsjahr anteilig rechnen?
Nein. Die Grenze von 25.000 Euro gilt unabhängig vom Gründungsmonat. Ob du im Januar oder im Oktober startest – du hast die vollen 25.000 Euro zur Verfügung.
Umsatz oder Gewinn – was zählt?
Für die Kleinunternehmerregelung zählt immer nur der Umsatz, nicht der Gewinn.
Betriebsausgaben spielen keine Rolle.
Wie beantrage ich die Kleinunternehmerregelung?
- Neugründerinnen:
- Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt (falls gewerblich tätig)
- Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Finanzamt ausfüllen
- dort aktiv die Kleinunternehmerregelung wählen
- Bereits Selbstständige:
Ein Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung ist nur zum Jahreswechsel möglich – mit formlosen Antrag beim Finanzamt.
Wichtig: die Regelung gilt nicht automatisch, du musst sie aktiv beantragen.
Zahlen Kleinunternehmerinnen wirklich keine Steuern?
Doch – nur eben keine Umsatzsteuer.
Diese Steuern fallen trotzdem an:
- Einkommensteuer: ab Gewinn über dem Grundfreibetrag (2025 = 12.096 Euro).
- Gewerbesteuer: bei gewerblichen Gewinnen über 24.500 Euro.
- Sozialversicherung: Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung.
Besonders bei Nebentätigkeit: jeder Euro Gewinn aus deiner Selbstständigkeit ist steuerpflichtig, auch wenn du bereits angestellt bist.
Brauche ich eine Umsatzsteuer-ID?
Als Kleinunternehmerin nicht zwingend. Eine USt-ID brauchst du nur, wenn du:
- ins EU-Ausland verkaufst, oder
- Leistungen aus dem EU-Ausland beziehst (z. B. Software-Abos, Dienstleistungen).
Auch mit USt-ID bleibst du Kleinunternehmerin – entscheidend sind allein die Umsatzgrenzen.
Mehrere Tätigkeiten – eine Grenze
Hast du mehrere selbstständige Tätigkeiten (z. B. Online-Shop und Coaching), werden die Umsätze zusammengezählt.
Die Kleinunternehmerregelung bezieht sich auf dich als Unternehmerin – nicht auf jedes Geschäftsfeld einzeln.
Meine Empfehlung für Gründerinnen
Die Reform 2025 macht die Kleinunternehmerregelung aus meiner Sicht einfacher und erweitert den Spielraum.
Trotzdem gilt: Prüfe genau, ob sie für dich passt.
- Vorteil: weniger Bürokratie, keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen.
- Nachteil: kein Vorsteuerabzug bei Investitionen, mögliche Außenwirkung bei B2B-Kundschaft.
Im zweiten Teil meiner Serie zeige ich dir, wann sich die Regelung lohnt – und wann du besser darauf verzichtest.
Hast du spezielle Fragen? Eine individuelle Beratung ist oft sinnvoller als pauschale Ratschläge – jede Gründerin bringt andere Voraussetzungen mit.
Tanja Hiller
Steuerberaterin & Business Mentorin
Deine Partnerin für steueroptimierte Unternehmensgründung in Wiesbaden